Jaipur Again 7.11.2013 – 9.11.2013

Der schnellste Weg nach Kolkata führt mit dem Bus über Jaipur, von dort geht es dann mit dem Flieger weiter.
In Jaipur verbringe ich zwei Nächte im Homely Stay von Arpita, die ich bei Doktor Galundia kennenlernte. Arpita und ihre Familie wohnt etwas außerhalb von Jaipur in einem großen Haus mit Garten und liegt eigentlich in einer sehr ruhigen Gegend. Jedoch führt keine 100 Meter entfernt der Jaipur Bypass vorbei, eine der Schnellstraßen Jaipurs, was meine Nachtruhe hoffentlich nicht stören wird. Es ist Abendessenszeit als ich ankomme und nach einer heißen Dusche wird erst einmal geschlemmt. Chapatti, gebratener Reis, Aloo Gobi, Papadam, Mixed Pickels, Gemüse in einer cremigen Kokosnusssauce und Ginger-Lemon! Lecker! Später trifft man sich dann im Salon, der mit teuren Möbeln und Accessoires ausgestattet ist, zum abendlichen Whisky. Der Hausherr stellt mir ein hohes 300 ml Glas an meinen Platz und schenkt mir zwei Finger breit Whisky ein und füllt den Rest mit Wasser auf! Ein Freund der Familie ist auch anwesend und die beiden schwenken in ihren Clubsesseln staatsmännisch ihre Saftgläser. Die Brühe schmeckt furchtbar, aber aus Höflichkeit trinke ich ganz aus. Wir unterhalten uns eine Weile über Korruption, Vergewaltigungen und Obama. Das gesellschaftliche Klima in Indien scheint im Umbruch, mehrmals in der Woche gibt es Meldungen über sexuelle Belästungen, auf die inzwischen sehr sensibel reagiert wird. Regierungsbeamte, Journalisten, Schauspieler und Manager verlieren ihre Posten, und das ziemlich schnell, sobald ein Fall von Belästigung bekannt wird. Frauen gehen auf die Straßen und protestieren, Männer solidarisieren sich. Die indische Gemeinde außerhalb von Indien bombardiert öffentliche Stellen mit Forderungen über das Internet und ruft ihre Landsleute vor Ort auf gegen diese untragbaren Zustände vorzugehen. Es scheint mit dem Vorfall in Mumbai letzten Jahres eine Schmerzgrenze erreicht zu sein. Indien hat genug!

Mich überkommt eine wohltuende Müdigkeit, sechs Stunden Busfahrt, der Whisky und die Diskussionen fordern ihren Tribut. Artig bedanke ich mich, ziehe mich zurück und schlafe sofort ein.

Nach einem üppigen Frühstück gehe ich in die Stadt um Viney zu besuchen. Seine Mobilnummer habe ich in der Tasche. aber ich beschließe einfach im Laden von Samir vorbeizuschauen, Viney wird schon da sein. Mühelos finde ich die Gasse wieder in der Osho’s Gem Shop liegt. Durch die Scheibe der Eingangstür sehe ich, dass er da ist und öffne die Tür mit ‚Namaste Viney!‘. Er steht mit dem Rücken zur Tür, dreht sich um und dann bleibt ihm der Mund offen stehen. Eine stürmische Begrüßung folgt und als erstes wird gleich mal ein Chai organisiert. natürlich muss ich von den letzten Wochen erzählen und es stellt sich heraus, dass Viney ein Freund von Nathulal ist! Sowas! Wir beschließen den Tag gemeinsam zu verbringen. Später gibt es ein Begrüßungsbier, danach besuchen wir einen Freund, ein Künstler, der Bilder aus fein zermahlenen Halbedelsteinen anfertigt. Die Motive sind hauptsächlich Götterfiguren, Tierbilder oder farbenfrohe Palastszenen aus vergangenen Zeiten. Die kleinsten Objekte sind ungefähr 10 cm x 6 cm und man kann alle Details, seien sie auch noch so klein. erkennen. Die größten die Jitesh Sharma herstellt sind ungefähr 90 cm x 60 cm. Gerne würde ich seine Werkstatt sehen, aber erst einmal den obligatorischen Chai, danach wird Chillum geraucht. Das Büro, in dem wir sitzen ist so klein, dass die Luft nach kürzester Zeit derart rauchgeschwängert ist, dass ich unweigerlich „mitrauche“. Ach ja, das Leben ist schön! Jitesh geht mit mir in seine Werkstatt und ich sehe die vielen Schraubgläser mit den farbigen Steinen. Er demonstriert, wie er die Steine zermahlt. Der nächste Schritt ist das Vorzeichnen des Motivs mit allen Details auf eine Plexiglasscheibe, dann erfolgt der Auftrag eines Klebers. Nun kommt die eigentliche Feinarbeit, die eine ruhige Hand, ein gutes Auge sowie Geduld verlangt. Ich erzähle ihm von Kamal Swami, dem Miniaturzeichner aus Jaisalmer und Jitesh ist sofort begeistert und will mit Kamal Kontakt aufnehmen. Warum auch nicht, zwei begnadete Künstler mit außergewöhnlicher Kunst! Am Ende kaufe ich zwei ganz kleine Bilder, wobei Jitesh beim Nennen des Preises zögert. Aus dem Augenwinkeln heraus sehe ich, dass Viney kopfwackelnd ein Zeichen gibt und ich vermute mal, dass 2000 Rupien ein Freundschafftspreis ist. Wir verabschieden uns, um zu Vineys Wohnung zu fahren. Dort lerne ich seine französische Freundin kennen und zwei weitere Mitbewohnerinnen aus Frankreich. Samir und ein weiterer Inder sind auch anwesend und wir trinken natürlich vorab einen Ch..
Viney geht in die Küche und nun wird GEKOCHT! Wir sind beim Bier angelangt, die Stimmung ist ausgelassen und ich halte jeden Schritt der Zubereitung des Partymeals mit meiner Kamera fest. Blumenkohlreis, Chapatti und ein würziges Dal in einer cremigen, sehr scharfen Sauce. Während des ganzen Abendessens läuft Musik von Bob Dylan und wir singen alle mit vollem Mund die Texte mit – was für ein Tag, was für ein Abend! Viney und Samir wollen sicher gehen, dass ich gut nach Hause komme und bestellen den Rickshaw- Wala des Viertels hier und fahren mit mir bis zu meiner Unterkunft. Wieder einmal heißt es Abschied nehmen und Viney ist den Tränen nahe…