Kanyakumari 29.12.2013 – 30.12.2013

Um 6.30 Uhr stehe ich im Morgennebel an der Straße und warte auf meine Rickshaw. Obwohl es sehr früh ist kommen Barbara und Chaya zum Verabschieden aus dem Haus. Wieder geht es nach Bengaluru zum Umsteigen, was bedeutet, dass ich erst einmal eine Strecke zurückfahre. Leider gab es keine Züge mehr von Mangalore nach Trivandrum, weil zur Zeit viele indische Urlauber und Pilger unterwegs sind. Mein Volvo-Bus nach Bengaluru ist sehr bequem, die Fahrt ruhig und angenehm. Fünf Stunden später sind wir da und ich verbringe die Wartezeit bis zur Abfahrt meines Nachtbusses in einem Hotelrestaurant, esse eine Kleinigkeit und nutze das dortige WiFi. Der Schlafplatz im Nachtbus ist nicht so angenehm wie ich mir erhofft hatte, man liegt zwar ganz gut, aber es ist eng weil ich mir meine Kabine mit einem schnarchenden Inder teilen muss. Eigentlich wollte ich einen Einzelplatz, aber da ist was schief gelaufen. Zum Glück steigt mein Bettgenosse morgens um zwei Uhr aus, so dass ich für den Rest der Nacht dann doch noch einigermaßen gut schlafen kann. Gegen sieben wache ich auf und schaue aus dem Fenster, wo sich mir eine atemberaubende Landschaft zeigt. Hinter Palmenhainen und Reisfeldern ergeben sich mächtige Felsen und weiche Hügel, malerisch angestrahlt von der aufgehenden Sonne! Yeah!

In Kanyakumari trifft mich erst einmal der Schock! Die Stadt ist so voll. dass ich nur noch braune Leiber sehe. Tausende Pilger sind hier eingetroffen, um über den Jahreswechsel den Kumari-Amman-Tempel zu besuchen. Hinzu kommen die vielen Inder, die hier Neujahr feiern wollen. Zwei Stunden fährt mich mein Rickshaw-Wallah durch Kanyakumari, bis ich eine bezahlbare Unterkunft direkt neben dem Tempel bekomme. Einige der Angebote waren echt unverschämt, so z.B. ein Raum an der Hauptstraße mit einem Schaufenster und Schiebetür, innen war nichts außer einer schmuddeligen Matratze und das für 3 000 Rupien pro Nacht!
Ich beziehe mein Zimmer, das mich hier 1 000 Rupien kostet, nehme eine Dusche und erkunde dann Kanyakumari. Ich klappere alle wichtigen Plätze ab. Die Badeghats gleich hinter dem Tempel – absolut der südlichste Punkt der indischen Festlandes – von wo man einen guten Blick auf die Felsen in Meer hat, auf denen das Vivekananda-Memorial und die Thiruvalluvar-Statue steht. Vivekananda war ein indischer Wandermönch in 19. Jhd., der den Hinduismus mit sozialer Gerechtigkeit in seinen Lehren verband. Thiruvalluvar war ein tamilischer Dichter, der ein das berühmte Lehrgedicht „Thirukural“ verfasste, ein Werk mit 133 Kapiteln, weshalb die Statue, die auch Koloss von Indien genannt0 wird, genau 133 Fuß hoch ist. Ebenfalls am Strand in der Nähe des Tempels ist ein Park und ein Denkmal für die Tsunami-Opfer von 2004.
Das weitaus interessanteste Gebäude ist das Gandhi-Memorial, das aussieht als hätten es Architekten von Walt Disney geplant. In essence Tat waren es jedoch christliche, hinduistische und moslemische Architekten, die hier Gandhi Ehre zollten, der immer noch wie ein Heiliger verehrt wird. Inmitten der Memorials steht ein schwarzer Block, wo seine Asche aufbewahrt wurde, bevor sie ins Meer gestreut wurde. Den Tempel der jungfräulichen Göttin Kumari besuche ich auch. Manor dürfen diesen der Weiblichkeit gewidmeten Tempel nur mit entblößter Brust betreten. Im Inneren es Tempels darf man vulvaförmige Kerzen opfern, was ich dann auch tue. Ich kaufe eine ganze Schale voll und denke bei jeder Kerze an bestimmte Leute – Gutes Neues Jahr!

Am Abend entscheide ich mich, den Ort am nächsten morgen zu verlassen und für Silvester nach Kovalam zu fahren. Den Sonnenuntergang schaue ich mir vom Gandhi-Memorial aus an, das im weichen Abendlicht irgendwie futuristisch wirkt, es könnte glatt eine Zweigstelle von Jar Jar Binks aus Star Wars sein. Drei nette junge Inder quatschen mich an – immerhin falle ich hier auf, ich scheine hier der einzige Nichtinder zu sein. Wir diskutieren heftig über die Vor- und Nachteile der indischen und westlichen Gesellschaft, aber wir lachen auch viel zusammen. Ein Abschiedsfoto mit Viney, Sachin und Ravi Shankar (!) muss natürlich auch noch sein.