Mandrem – Die letzten Tage in Indien 25.1.2014 – 29.1.2014

Wenn man in so einer Sache drinsteckt kommt es einem manchmal unglaublich vor, was man ertragen muss. Aber erst das Gute. Mein Engel von Konsul hat mich so früh nach Panjim gerufen, weil er sich wohl schon dachte (übrigens waren meine Passfotos irgendwie verkehrt und der Herr Konsul hat sie noch am PC bearbeitet, als er im Hotel in Mumbai saß, der verdient echt ne Medaille), dass der Rest nicht so schnell erledigt sein wird. Da sitzt dann also so ein Schnösel von Beamter bei der Ausländerpolizei und will erst mal die ganze Story hören. Um aus dem Land heraus zu können, muss ich nachweisen können, dass ich LEGAL im Land bin. Das zeigt normalerweise der Einreisestempel. Nur war der bei mir auf einer Seite im Pass, von der keine Kopie existiert. Du kopierst dir die ersten Seiten von deinem Pass und dein Visa, klar, aber doch nicht den ganzen Pass, Mann. Wo bin ich denn? Okay, meine ich, er soll eben in der Grenzstation anrufen, wozu gibt’s denn Telefone? Ich weiß ja, wann ich angekommen bin.

‚No no, Sir. That’s not so easy as you think. I need the confirmation on paper from the officer from this checkpoint! I send now a fax and hopefully they will read it and response in time.‘

Leider kam ich am einer kleinen Grenzstation an und die haben keinen Computer. Erst mal ein Fax schicken und dann auf Antwort warten (ha, es ist Wochenende und Unabhängigkeitstag, was glaubt der, wann die in Raxalu sich regen?).

Ich melde mich bei Ihnen am Montag.

Ne, Sie geben mir Ihre Nummer und ICH melde mich bei Ihnen (sonst warte ich ewig, bis sich der Herr Beamte meldet)!

Auf der Fahrt nach Mandrem fällt mir ein, dass ich doch ein paar Freunde dort oben in Little Flower habe. In Mandrem setze ich mich erst mal ins Internet-Café. Nummern, ich brauche Telefonnummern! Wahnsinn, Sebastian ist momentan auf Skype online, was nicht oft vorkommt. Meine Story im Schnelldurchlauf. Kurzes Nachdenken. Okay, beide denken wir an Shyam. Sebastian gibt mir seine Nummer. Warte, stop. Sebastian sieht, dass Shyam auf Skype online ist! Er schickt mir den Kontakt und ich rufe auch gleich an! Shyam nimmt sofort ab und versteht meine missliche Lage. Zum Glück gibt es Internet! Ich schicke ihm alle Daten per PN über Facebook und er verspricht mir, heute oder morgen an den Checkpoint zu fahren. Shyam ist völlig entspannt und er klingt als würde er über den Verkauf von ein paar Hemden oder Stoffe in seinem Laden verhandeln müssen.

‚Don’t worry Willy, all will be fine! I’ll do it as soon as possibel! You will get your flight!‘

Er fährt noch Samstag Nacht zum Checkpoint, verklickert denen die Geschichte und schwupps rufen die in Panjim an. Der Eumel, der meinen Fall bearbeitet, sagt mir am Montag morgen, dass es noch nichts neues gibt! Unglaublich! UNGLAUBLICH !!! Ich sage ihm, dass die Grenzstation schon angerufen hat. Ne ne, er braucht das schriftlich und zwar in einem Brief! AARGGHHH, hat der sie noch alle? Ein Brief kommt doch nie im Leben rechtzeitig an! Mir wird es zu bunt und ich greife in die Trickkiste – ich heule los, direkt vor meinem Lieblingsrestaurant, mir ist jetzt alles egal, ich will nur noch RAUS!

‚I lost all things, I have no money, I have no credit cards, I can’t change my flight. Please, please, help me Sir‘

Das hilft etwas.

‚Okay, I look what I can do and call you back‘.

So ein …
Zwei Stunden später ruft er an, ich soll mit zwei Passbildern kommen. Alles wäre in Ordnung. Ab auf den Roller, ab nach Panjim (zum vierten Mal). Dort lässt es mich erst mal warten. Am Ende grinst mich ein anderer Officer ganz stolz an.

‚Your the German, right?. I got the call at Saturday!‘

Anscheinend will er jetzt ein Lob von mir, dafür dass er SCHON vor zwei Stunden die wichtige Informationen an seinen Kollegen weitergegeben hat, die er schon vor zwei Tagen bekam! In mir kocht es noch ein bisschen, aber ich bleibe freundlich, denn das überaus wichtige Papier mit dem Stempel ist noch nicht in meinen Händen! Wir müssen als letzten Schritt zum Polizeichef, zu Herrn Shree Tony Fernándes, ein sehr freundlicher Mensch, der mich nur kurz und verständnisvoll ausfragt. Er singt ein paar mal ‚Ram Ram, Aum Hare Ram‘, als er meine Kette mit dem Aum-Zeichen sieht und hält seine hoch. Herr Fernándes will noch wissen, wo ich hinfliege und fragt mit gespielten Entsetzen

‚You don’t come back to Goa?‘

‚Of course I will come back. I just had bad luck, but I love Goa!‘

Jetzt unterschreibt er mit einem väterlichen Lächeln das Zertifikat, das nicht nur meinen legalen Aufenthalt in Indien bestätigt, sondern auch konstatiert, dass polizeilich nichts gegen mich vorliegt. Ich hab’s also schriftlich, dass ich ein braver Junge bin! Der Humor stirbt zuletzt…
Nun ist mir nach feiern und ich gehe ins nahe gelegene Upper House, das sehr gute Kritiken hat. Ein sehr feines Restaurant mit Bar, halb voll mit betuchten Indern besetzt. Fisch soll es sein und auf der Speisekarte springt mir ‚Fish Portuguese‘ ins Auge. Lecker, sehr lecker sogar! Verschiedene Fischarten in kleinen Stücken auf einem Bett dicker Tomatensauce mit Zwiebeln, buntem Paprika, grünen und schwarzen Olivenringen sowie Ananas, als Beilage Kartoffelbrei (und ein Fosters). Sag ich doch, lecker!

Gemütlich, erleichtert, beschwingt, aber vorsichtig tuckere ich nach Mandrem zurück, packe meinen großen Rucksack, bringe ihn zum Taxistand, kläre noch mal die Abfahrtszeit und trinke noch ein Bier in Dunes, meinem Lieblingsrestaurant in Mandrem. Noch eine Nacht, dann heißt es ‚Tschüß Indien‘!