Nashville – 28. bis 29. Mai 2014

28. Mai 2014

Auf geht’s in die Hauptstadt der Country Musik – Nashville! Dort reiht sich in Downtownm eine Musikkneipe an die nächste und natürlich spielt in jeder eine andere Band. Auf der Straße vibriert das Leben, Gestalten in allen erdenklichen Kostümen laufen uns über den Weg, sogar Elvis begegnetuns hier, vermutlich ist es ihm in Memphis im Moment zu langweilig…

Wir checken einige Musikbars und entscheiden uns für die Bar mit dem witzigen Bassisten, der uns durchs Fenster mit seinen Grimassen einlädt. Die Band spielt guten Country-Rock, einige Pärchen schwingen das Tanzbein und wir trinken derweil ein Bierchen an der voll besetzten Theke.
Das Highlight ist dann unser Besuch in der Bar „Robert’s Western World“, in der die Don Kelly Band mit dem hochbegabten Gitarristen Daniel Donato auftritt. Der Junge ist gerade mal um die 19 Jahre alt und spielt sich, wie man so schön sagt, die Seele aus dem Leib! Wir sind absolut sprachlos und hören staunend zu, als er ein Solo in ‚Ramblin Man‘ von den Allman Brothers

(https://www.youtube.com/watch?v=Ko0Uze4Vd3g)

zum Besten gibt und gegen Ende ganz schnörkellos den weltbekannten Riff aus ‚Jessica‘ einfädelt! Einfach so, als würde man das immer so spielen! Genial! Kurz vor Schluss denke ich zum Glück noch daran, mein Smartphone zu zücken und verewige einige Takte:

Daniel Donato

Später gehen wir in eine gute Pizzeria, die Ryan von seinem letzten Besuch kennt. Beim Bestellen frage ich die junge Kellnerin, wo sie herkommt, auf ihren Namensschild steht Aleksandra, weshalb auf Griechenland tippe. Nee, sie kommt aus Mazedonien und lebt seit ein paar Jahren mit Mann und Tochter in Nashville, obwohl sie kein Country mag, sie steht eher auf Rock. Die Art und Weise wie sie das sagt, lässt mich sie fragen, ob sie auch Musik macht. Es stellt sich heraus, dass sie eine Band hat und zu Hause schon mehrmals mit ihren Konzerten im Fernsehen war. Zurück im Motel6 schauen wir uns dann auch gleich auf YouTube ihre Videoclips an

(Aleksandra Pileva https://www.youtube.com/watch?v=5gdMjz3Bdzo ).

Wow!

29. Mai 2014

Ein letztes gemeinsames Frühstück im ‚Waffle House‘. Dann Abschied. Wieder einmal. Wir verabschieden uns direkt vor dem Flughafen auf dem Taxistreifen. Kurz und schmerzlos. Wenige Worte, eine Umarmung, dann steigt Ryan in seinen Mercedes. Wir winken uns ein letzes Mal zu. Für Ryan geht es nun weiter zu seinen Freunden nach Colorado und für mich nach Baltimore.

Meine Güte, was habe ich mit Ryan in dieser kurzen Zeit alles erlebt! Thank you, life!

North Carolina – 26. bis 27. Mai 2014

26. Mai

Wir packen unsere sieben Sachen und machen uns auf den Weg nach Nordwesten, um einen Teil des Blue Ridge Parkway zu erkunden.
Es wird eine lange Fahrt und wir planen einen Zwischenstopp in Asheville, einer hübschen Stadt mit einem besonderen Flair. Überall gibt es Kneipen und Bars mit großen, offenen Fenstern zur Straße, wodurch man Gelegenheit hat, die vielen Live Bands vom Bürgersteig aus zu sehen.
Ein Café an einer Straßenecke hat definitiv den Vogel abgeschossen. Hier steht ein umgebauter, aus London herüber gebrachter roter Doppeldecker! Innen drin ist alles liebevoll eingerichtet und außerdem gibt es einen akzeptablen Cappuccino! Später schlendere alleine durch die Straßen, während Ryan dringendes bei Western Union zu erledigen hat. Nach einer Weile setze ich mich auf eine Bank und höre einem Straßenmusiker zu. Neben mir sitzt Tom, wir kommen ins Gespräch er erzählt mir von seinem Obdachlosendasein und dass er in ein paar Tagen 60 Jahre alt wird. Ich traue mich hin zu fragen, ob es für ihn hart ist, auf der Straße zu leben. Tom bettelt nicht und trinkt keinen Alkohol, er hat ein paar gute Freunde. „From time t‘ time wanna ‚ve good talkin‘, ya know, ’s all I need!“ Eine Weile später setzt sich sein Freund Jérôme zu uns. Bei ihm habe ich etwas mehr Probleme mit dem Verstehen, da er mit einem breitem Gullah-Slang spricht. Aber ich verbringe eine gute Zeit mit den beiden, bis mich Ryan anruft, um zu fragen wo ich bin. Ich verabschiede mich von den beiden und bedanke mich für das „good talkin'“.

27. Mai

Von Asheville geht es nun in die Smokey Mountains zum südlichsten Zipfel des Blue Ridge Parkway. Wir landen in Cherkee, dem Zentrum des gleichnamigen Indianerreservats, das in einem großen National Park liegt. In einem weitläufigen National Campground schlagen wir unser Zelt auf und starten, obwohl schlechtes Wetter aufzieht und es zu donnern beginnt, eine kleine Rundwanderung an einem kleinem Bergbahn entlang. Es tut gut, wieder in der Natur zu sein und ich genieße den Wald und das Rauschen des Wassers. Das Gewitter hat sich verzogen, die Sonne kommt immer wieder hinter dem Wolken hervor und es wird zunehmend schwüler. Wir überholen eine Pärchen und schwatzen eine Weile miteinander. Suze und Wayne laden uns ein, später bei ihnen vorbei zu schauen. Unterwegs kommen wir immer wieder an Sträuchern mit weißen Blüten vorbei, Mountain Laurel ist der Name wie ich später von Suze erfahre. Ryan und ich sind wesentlich schneller als die beiden und als wir uns nach der dreistündigen Tour entscheiden in Cherkee Essen zu gehen, schaffen wir es gerade so in den Mercedes, bevor ein heftiger Wolkenbruch niederprasselt. Während wir aus dem Campground herausfahren, kommen uns die beiden gerade entgegen, plitschnass. Nach dem Essen fahren wir zurück, Ryan ist platt vom Fahren, Wandern und dem Essen und legt sich schlafen, während ich einen Spaziergang mache. Schließlich lande ich in der Nähe von Wayne und Suze, sie winken mich heran und ich geselle mich zu ihnen. Es wird ein wunderbarer Abend mit interessanten Gesprächen am Lagerfeuer und die beiden sind total happy, dass ich vorbei gekommen bin. Ich bekomme ihre Visitenkarten und eine Einladung. „If possible, so drop by, we have an extra appartement. You’ll be most welcome!“

Die Nacht im Zelt wird ziemlich kalt und ich bin froh, dass am nächsten Morgen die Sonne scheint und mich aufwärmt.

South Carolina – 19. bis 25. Mai 2014

19. Mai

Gerade als ich meinen Koffer auf dem Band sehe, klingelt mein Telefon. Ryan ist am Apparat und teilt mir mit, dass er kurz vor dem Flughafen ist. Kaum draußen, sehe ich einen grauen Mercedes heran fahren. Was für ein Timing! Was für ein Wiedersehen nach einem halben Jahr am entgegen gesetzten Ende der Welt. Während der ganzen Fahrt nach Columbia reden wir pausenlos miteinander, wir haben einander viel zu erzählen. Ryan und sein Dad wohnen in Sichtweite einer kleinen Sees an einem kleinen Hang in einem zweigeschossigen Gebäude. Ein Gästezimmer mit eigenen Bad ist schon vorbereitet. Wir schieben uns noch eine Pizza rein und reden weiter – es wird spät!

20. Mai

Den ersten Ausflug unternehmen wir zum nahe gelegenen Congaree Swamp, der sich ursprünglich über fast den gesamten Bundesstaat ausstreckte. Wir wählen eine drei-Stunden-Tour auf der wir so einiges sehen und hören. Hier im Congaree Swamp befindet sich die größte Dichte von sowohl den ältesten als auch den höchsten Bäumen in Nordamerika. Zypressen, Zedern, Eichen und Bäume, deren Namen ich nicht kenne. Oft sehen wir deren Baumwipfel kaum und können ihre mächtige Erscheinung nur ahnen. Zunächst gelangen wir über Boardwalks tiefer in die Sümpfe, bevor wir diese auf einem schmaleren Trampelpfad verlassen. Die Temperatur ist jetzt am Morgen noch angenehm, die Luftfeuchtigkeit tut gut und ein angenehmer, modriger Geruch kriecht in die Nase. Rund um die Zypressen ragen bis zu einem Meter hohe Wurzeln aus dem Erdreich, von der Form her sehen sie aus wie Stalagmiten. Zusammen mit dem wechselnden Lichteinfall ergibt sich dadurch eine eigenartige Szenerie, untermalt mit den verschiedensten Geräuschen. In den Flussläufen und Seen entdecken wir Biber und unzählige Wasserschildkröten, die sich auf Steinen im Wasser sonnen oder indes Hoffnung auf Nahrung heranschwimmen. Gegen Ende der Tour stoßen wir dann tatsächlich noch auf eine Schlange direkt neben unserem Weg, die sich gemütlich in den tiefen Sumpf davonmacht.

Abendprogramm: Movie – Der friedvolle Krieger, Bier, Chips.

21. Mai

Wieder machen wir uns auf in den Congaree, diesmal für eine längere Tour auf einem anderen Weg, der uns tiefer in den Sumpf führt. Je weiter wir kommen, desto mehr müssen wir über umgestürzte Bäume steigen, die der letzte Eissturm hier zu Fall gebracht hat. Unsere Route ist mit roten Reflektoren oder roten Farbkreisen markiert, die sich zirka alle 20 bis 30 Meter wiederholen. Teilweise sind die Marker abgefallen oder auf den nun am Boden liegenden Baumriesen. Immer öfter verlieren wir unseren Weg, wenn wir die langen Kerle umrunden müssen, weshalb einer von uns jedesmal bei der letzten Markierung zurückbleibt, bis der andere das nächste Zeichen gefunden hat. Es ist noch viel Zeit bis zum Sonnenuntergang, die Sonne blinzelt hier und da durch die Baumwipfel und ich weiß in welcher Richtung das Informationscenter ist, weshalb ich die Prozedur leicht übertrieben finde. Später erfahren wir von einem von Ryans Freunden, dass sich ein Familienvater mit zwei Kindern kürzlich im Congaree verirrt hat. Die Suche dauerte drei Tage…
mmh, doch nicht übertrieben! Die Route führt uns durch deutlich feuchteres Gebiet als gestern. Mächtige Bäume stehen mitten in den goldbraunen Wasser führenden Flussläufen, das Hämmern von weit entfernten Spechten vermischt sich mit dem Gesang anderer Vögel und zahlreiche Squirrels scheinen nur für uns ihre Sprünge zu zelebrieren. Während unserer etwas mehr als vierstündigen Wanderung begegnen wir erst wieder am Turtle Lake in der Nähe des Infocenters anderen Menschen. Etwas müde aber überaus zufrieden machen wir uns auf den Rückweg nach Columbia. Ein Freund von Ryan ruft an und wir beschließen bei ihm vorbeizuschauen, die Farm seines Dads liegt eh auf dem Weg. So lerne ich einige von Ryans Freunde kennen: John John, genannt J.J, sein Dad John sowie Peter Edward Badendick III., genannt P.D., ein ziemlich verrückter Vogel. Es dauert etwas, bis sich meine Ohren auf den harten Slang eingestellt haben, aber nach einer Weile geht das doch ganz gut.
Ich bekomme eine Führung auf der Farm, danach füttern wir die Fische im großen Teich neben dem Wohnhaus. P.D. erwähnt, dass seine Vorfahren aus Deutschland sind, woher weiß er jedoch nicht. Aufgrund seines Namens tippe ich auf Baden. „Maybe your Ancestors lived around my area in Baden and you’re maybe a missing Duke of Baden.“ Das gefällt ihm. Als ich anschließend beim obligatorischen Dosenbier auf der Terrasse seine Frage, ob mir dieses Bier besser schmeckt als das deutsche, mit „Don’t wanna start a war ‚bout that“ beantworte, ist das Eis endgültig gebrochen. Wir haben viel zu lachen, als wir uns über so manche Vorurteile austauschen und ich bin erstaunt. dass ich wieder einmal gefragt werde, warum wir Deutschen unser Bier warm trinken. Natürlich protestiere ich energisch und erkläre, dass das die Briten sind, nicht wir! P.D. schüttelt gespielten Kopf und meint: „Ever know those are Barbarians!“ Die darauf folgende Fahrt in einem alten Militärjeep aus dem Koreakrieg durch den zur Farm gehörenden Wald wird ein echtes Highlight. John steuert die alte Karre über Stock und Stein, durch Pfützen und Schlammlöcher, während er mir Erklärungen gibt. Am Rand seines Waldes befinden sich Überreste der alten im Bürgerkrieg benutzten Straße nach Charleston, die inzwischen zugewuchert ist. Mitten im Wald machen wir Halt, es ist schon dunkel und Ryan erzählt von unserem Congaree Trip und dass wir Probleme hatten, wieder zurückzufinden. Ich werfe dann ein, dass ich einerseits auf Ryan vertraute, da er schon öfter in diesen Sümpfen war und ich andererseits einen guten Orientierungssinn besitze. Worauf mich J.J. auf die Probe stellt. „Dude, we’re in the deep forest and it’s almost dark, so tell me were is West!“ Okay, zwischen den Baumkronen kann ich einen Stern ausmachen und vermute mal es ist die Venus. Gut. ich breite meine Arme zu einem leichten V aus: „West must be somewhere between my arms!“ J.J schnappt lachend nach Luft, haut mir auf die Schultern und fragt: „How the hell you did that?“ und John lacht in sich hinein: „Fuck, love those German guys!“  Zwei Jagdhunde begleiten uns, auf der Rückfahrt dürfen sie mit in den Jeep. Es ist so eng, dass die Hunde mir sehr nahe kommen und einer legt immer wieder seinen Kopf auf meinem Schädel ab. Ich genieße das alles und fühle mich sehr wohl. Dann wird  es Zeit zu gehen, bis Columbia haben wir noch eine gute Stunde Fahrt vor uns. Ryans Freunde sagen mir beim Abschied, dass dies ein cooler Abend war und sie froh sind mich kennen gelernt zu haben. „You’re now our friend and the house is always open for you!“
Spät in der Nacht kommen wir zu Hause an, für morgen ist erst einmal Ruhetag angesagt.

22. Mai

Gegen Abend beschließt Ryan mich einem Freund in Walterboro vorzustellen, ungefähr eine Stunde Fahrt, also gleich um die Ecke. Jim Hadley ist Musiker und hat früher auf der Straße Geld mit seiner One-Man-Band-Show verdient. Von Jim gibt es auch einen kurzen Fernsehenauftritt eines lokalen Senders. Heute spielt er nur noch aus Spaß, für seine Freunde und im Gottesdienst. Gleich nach unserem Eintreffen spielt es uns ein paar Songs auf seinem Banjo vor, danach bekomme ich einen Einblick in seine Familiengeschichte, die er mir anhand eines getackerten Heftes mit teilweise uralten Schwarzweißfotos erläutert. Sein Ur-Urgroßvater väterlicherseits stammt aus Irland, der Urgroßvater war mit einer Schwarzen verheiratet und die mütterliche Linie waren Sklaven aus Afrika. Nicht wenige der Frauen waren mit weißen Hausherren oder mit Indianern  verheiratet. Da es auch weiße Sklaven gab, waren Liaisonen unter den verschieden farbigen Sklaven nicht selten. Jim zeigt mir auf den Fotos die farbigen, weißen oder indianischen Einschläge und weißt mich auf Gesichtsformen und Haarstrukturen hin. In den folgenden Stunden erfahre ich so viel über die amerikanische Geschichte, dass mir fast der Kopf platzt. Jim ist ein guter Erzähler und ist sehr belesen. Ich bin hocherstaunt wie gut sich Jim in der europäischen Geschichte auskennt, als er mir den Zusammenhang zwischen dem Sklavenhandel, dem Baumwollhandel und dem Opiumhandel erklärt. Nachdem wir nach drei Stunden wieder zurück sind, habe ich das Gefühl den ganzen Tag mit Jim verbracht zu haben.

23. Mai

Heute machen wir einen Ausflug ans Meer und besichtigen Charleston.

24. Mai

Ich habe etwas Rückenschmerzen, weshalb wir nichts großes unternehmen. Ein kleiner Spaziergang im Park zwischen dem Congaree Creek und dem Congaree Canal. wir sehen unzählige Schildkröten, die sich auf den vielen Steinen im Fluss ein Bad in der Sonne gönnen.  Später gibt es noch einen exzellenten Cappuccino im Café Strudel in West Columbia!.

25. Mai

Wieder geht es nach Walterboro. Zuerst besuchen wir mit Jim einen Gottesdienst in einer Pfingstgemeinde, anschließend öffnet der Organist der Gemeinde, ein guter Freund von Jim, das hiesige Sklavenmuseum extra für mich, Sonntag ist normalerweise nicht geöffnet. Ich bekomme eine First-Class-Führung und erhält die Erlaubnis sowohl zu filmen, als auch zu fotografieren. Das ist wieder Geschichtsunterricht pur und als ich am Ende noch eine DVD geschenkt bekomme, bin ich total überwältigt. Ryan und ich hinterlassen noch eine Spende, bevor wir uns zum nächsten Highlight aufmachen.
Zuerst holen wir noch Lucky, ein Freund von Jim aus Nigeria, ab und fahren dann in Richtung Beaufort, eine hübsches Städtchen am Atlantik zwischen Charleston und Savannah. In der Nähe gibt es ein Projekt, ein amerikanisch-afrikanisches Dorf, wo man versucht, die afrikanischen Wurzeln und die dazu gehörige Kultur aufrechterhalten. Der „Häuptling“ des Dorfes, ebenfalls wie Lucky ein Nigerianer, ist auch anwesend.
Anschließend fahren wir direkt nach Beaufort weiter, wo ein Gullah-Festival stattfindet (http://www.ultimategullah.com/culture.html). Gospel, Flohmarkt, gutes Essen und nette Gespräche.

Etwas hungrig geworden, mache ich mich auf die Suche nach vegetarischem Essen und komme an einen Stand, an dem es recht lustig zugeht. Eine Familie ist hier zu Gange, Musik läuft, es wird viel gelacht und gealbert. Mit breitem Grinsen und ebenso breitem Slang werde ich von Big Mama, so steht es auf ihrem T- Shirt, nach meinen Wünschen gefragt. Tatsächlich werde ich hier fündig, drei verschiedene Sorten Reis, Gemüse und Yams in einer lecker aussehenden Soße. Wir setzen uns an den einzig verfügbaren Tisch, kommen ins Gespräch und ich lobe das Yams-Gericht. „Hey, did you hear?“, ruft sie ihrem Mann zu, „this guy likes my Yams! Give him more!“ Als Zugabe bekomme ich sogar noch zum Nachtisch einen Biscuit geschenkt.

Nicht weit von hier gibt es noch eine Art Poetry Slam sowie ein Gospelkonzert. Der Eintritt beträgt 10$, was für Lucky und Jim zuviel ist, einladen lassen sie sich jedoch auch nicht. Ryan versucht mit den Damen zu verhandeln und schließlich spielt Jim zwei Stücke aus seinem Repertoire vor, worauf man ihn für den halben Preis einlässt. Eine halbe Stunde später kommt auch Lucky auf das Gelände, irgendwie gauzes es geschafft umsonst herein zu kommen.
Hinter der Bühne stehen interessante Roteichen, die ich ablichten will, ein älterer Mann kommt auf mich zu und erzählt mir etwas über diese Bäume. Mit ihrem Holz wurden Schiffe gebaut, die nach Afrika fuhren um Sklaven zu transportieren.

Danach treffe ich Jerlaine, den Enkel der Gründerin des Festivals. Er spricht viel über die Hintergründe des Festivals und der Gullah-Kultur und erzählt uns von einem überraschenden Detail der Sklavengeschichte. Zur Zeit als die ersten Sklaven mit den Schiffen in Charleston eintrafen, war der Großteil von South Carolina sumpfiges, undurchdringliches Gebiet. Eine große Gruppe von Afrikanern wurde hierher gebracht und, warum auch immer, nie zu Sklaven gemacht. Die Hitze, die Moskitos, die hohe Luftfeuchtigkeit und die wilden Tiere mögen dazu beigetragen haben, dass die Sklavenhändler nie versucht haben, wieder in dieses Gebiet vorzudringen, um sich diesen Menschen habhaft zu werden.

USA – East meets West

7. Mai 2014

Nach ungefähr drei Stunden Schlaf piepst der Alarm um 3:45 Uhr. Kurzes Frühstück, Ei, Marmelade, Tee. Am Bahnhof steht mein Zug nicht auf der elektronischen Anzeigetafel und auch auf Gleis 2 schweigt das über mir schwebende Display. Der Zug steht schon bereit, jedoch ist es nicht RB 4480, wie es mir meine Bahn-App laut Reiseplan sagt, sondern RE1/RB 44, so die Leuchtanzeige an den Waggons. Ich habe ein kurzes Delhi-to-Agra-Train-Station-Déjà-vu und komme mir vor wie in Indien, nur dass mir hier niemand gaunermäig eine andere Fahrkarte verkaufen will. Das Fahrtziel ist Mainz und Mannheim liegt ja auf dem Weg. Ein Schaffner ist nirgends zu sehen, also steige ich ein. Wird schon stimmen. Ohne eine Durchsage und ohne Vorwarnung rollt die Bahn leise aus dem Bahnhof, immerhin auf die Sekunde pünktlich. Jetzt hätte ich eigentlich Zeit, Schlaf nachzuholen oder zu lesen, aber ich bin viel zu aufgeregt. Ungefähr die gleiche Entfernung von zu Hause, die ich am vergangenen 2. September nach Osten zurückgelegt habe, werde ich heute nach Westen antreten. Mein erster Besuch in den Staaten, mein erster Besuch bei meiner Schwester, die seit 10 Jahren mit ihrem Partner in der Nähe von Fort Myers in Florida lebt, mein erster Flug über den Atlantik. Ich bin total gespannt, was mich dort erwartet und was ich erleben werde. Diesmal nicht „indisch“ mit Rucksack und fast zeit- und planlos in 6 Monaten, sondern mit Koffer, geplantem Anfang und Ende in 6 Wochen!

Am Flughafen klappt alles reibungslos wie am Schnürchen, bis ich zum Security Check-In komme. Der Inhalt meines Rucksackes erregt Missfallen. Der Mitarbeiter am Ende des Bandes ruft zu seinem Kollegen: „He. Wilhelm! Wo muss ich checken?“ Mein Namensvetter, vom Aussehen und Akzent her tippe ich auf jüdischen Einschlag, zeigt auf meinen Rucksack: „Ganz unten“, dann lächelt er mich freundlich an. Sein Kollege und ich wühlen in meinen Habseligkeiten, bis er zwei verdächtige Gegenstände findet, meine Solartaschenlampe sowie den Blue-Tooth-Lautsprecher. Gemeinsam gehen wir in einen kleinen Raum, dort warten wir, bis die Kollegin kommt, die den Lautsprecher auf Sprengstoff prüft. Unterdessen kommen wir ins Gespräch, ich erzähle von meinem Sabbatical, was er ganz toll findet. Dann führt er mich wieder aus dem Raum, weil die Kollegin noch nicht da ist. „Sorry, es dauert noch, wir haben heute nur eine Kollegin, die den Test durchführen darf. Sie können ja solange beim Gepäckcheck zuschauen, da geht es bei uns meistens ganz lustig zu.“ Ich beobachte das Treiben ne Weile zu, alle sind sehr relaxed und lachen viel miteinander. Endlich kommt die Vollstreckerin und macht den Test. Mehrmalige Entschuldigung für die Verzögerung und dann darf ich gehen. Das Boarding ist ebenfalls ganz locker, jeder Bereich im Flieger wird separat aufgerufen, nachdem die Premium-Gäste sowie Armeeangehörige zuerst eingestiegen sind. So gibt es kein Drängeln und kürzere Wartezeiten. Der Airbus ist ungefähr zu vier Fünftel besetzt, wodurch Platz neben mir leer ist und ich meine Ruhe habe.